Ein Satz bezeichnet in der Mathematik eine wichtige mathematische Aussage, worunter wir zunächst informell eine Behauptung verstehen wollen, die entweder wahr oder falsch sein kann. Beispiele hierfür sind "7 ist eine gerade Zahl" (diese Behauptung ist falsch) oder "Wasser ist nass" (diese Behauptung ist richtig). Die Richtigkeit eines solchen Satzes ist häufig nicht so offensichtlich wie bei den vorangegangenen Beispielen und muss deshalb in der Regel bewiesen werden. Unter einem Beweis verstehen wir dabei die fehlerfreie und nachvollziehbare Herleitung einer Aussage, die in eindeutiger und unanfechtbarer Weise entweder die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Aussage zeigt.
Weil Beweise in der Mathematik eine außerordentlich wichtige Rolle spielen, werden im Folgenden zunächst einige der gängigsten Beweistechniken vorgestellt.
Um mathematische Sätze zu beweisen, bedarf es in der Regel viel Erfahrung und Kreativität. Nachdem ein Beweis geführt, also die Aussage eines Satzes erfolgreich bewiesen wurde, schließt man einen Beweis häufig mit den Worten "quod erat demonstrandum" (q.e.d.) ab. Dies ist lateinisch und bedeutet soviel wie "was zu beweisen war". Zurückzuführen ist diese Floskel auf berühmte griechische Mathematiker der Antike wie Euklid und Archimedes, die ihre Beweise auf diese Weise abschlossen (natürlich mit der entsprechenden griechischen Übersetzung). Heutzutage verwendet man statt dieses Ausdrucks häufig das Zeichen \(\square\), welches auf den amerikanischen Mathematiker Paul Halmos (1916-2006) zurückgeht.
Bei direkten Beweisen beginnen wir mit bestimmten Voraussetzungen und leiten daraus schrittweise die Behauptung her. Wir zeigen die Richtigkeit der zu beweisenden Aussage dabei direkt. Mathematisch ausgedrückt haben direkte Beweise somit die Form \(A \Rightarrow B\), wobei \(A\) die Voraussetzungen sind und \(B\) die Aussage darstellt, die bewiesen werden soll. Der Implikationspfeil \(\Rightarrow\) bedeutet dabei, dass \(B\) aus \(A\) folgt. Man spricht dies "\(A\) impliziert \(B\)" oder "aus \(A\) folgt \(B\)" oder "wenn \(A\), dann \(B\)" aus.
Gelegentlich ist es schwierig, für eine Behauptung \(B\) einen direkten Beweis der Form \(A \Rightarrow B\) zu finden. Manchmal kann es einfacher sein, die Aussage durch einen Widerspruch zu beweisen. Man spricht dabei auch von indirekten Beweisen. Hierzu geht man wie folgt vor: Es gelte die Voraussetzung \(A\) und man nimmt an, \(B\) sei falsch. Im Beweis zeigt man nun, dass die Annahme \(B\) sei falsch nicht stimmen kann. Daraus folgt, dass \(B\) richtig sein muss. Beweise durch Widerspruch basieren somit auf den Gesetzen der Logik. Sie stützen sich darauf, dass aus einer wahren Aussage \(A\) niemals eine falsche Aussage \(B\) folgen kann.
| \(\frac{a + b}{2}\) | \(\lt\) | \(\sqrt{ab}\) | |
| \(\Rightarrow\) | \(a + b\) | \(\lt\) | \(2 \cdot \sqrt{ab}\) |
| \(\Rightarrow\) | \((a + b)^2\) | \(\lt\) | \(4ab\) |
| \(\Rightarrow\) | \(a^2 + b^2 + 2ab\) | \(\lt\) | \(4ab\) |
| \(\Rightarrow\) | \(a^2 + b^2 - 2ab\) | \(\lt\) | \(0\) |
| \(\Rightarrow\) | \((a - b)^2\) | \(\lt\) | \(0\) |
Eine weitere beliebte Beweismethode ist der Beweis durch Kontraposition. Dieser Ansatz basiert auf den Gesetzen der Logik. Anstatt eine Aussage der Form \(A \Rightarrow B\) zu beweisen, führt man einen Beweis für den negierten Ausdruck. Das bedeutet, man zeigt nicht, dass aus der Aussage \(A\) die Aussage \(B\) folgt, sondern stattdessen, dass aus der Aussage "nicht \(B\)" die Aussage "nicht \(A\)" folgt. Die Negation, formal geschrieben als \(\lnot B \Rightarrow \lnot A\), ist logisch äquivalent zu \(A \Rightarrow B\) und gelegentlich leichter zu beweisen als die ursprüngliche Aussage. Bei Beweisen durch Kontraposition nimmt man also an, dass \(\lnot B\) gilt, und folgert daraus die Richtigkeit von \(\lnot A\).
Häufig stehen wir vor der Aufgabe, mehrere äquivalente Aussagen zu beweisen, die sich alle aus einer gemeinsamen Voraussetzung
ergeben. Wir müssen dann beispielsweise zeigen, dass Aussagen \(A1, A2 \text{ und } A3\) äquivalent sind und gleichermaßen gelten,
wenn eine Voraussetzung \(A\) erfüllt ist. Hierzu könnten wir die Richtigkeit von \(A\) voraussetzen und dann jeweils
\(A1 \Rightarrow A2, A2 \Rightarrow A1, A1 \Rightarrow A3, A3 \Rightarrow A1, A2 \Rightarrow A3 \text{ und } A3 \Rightarrow A2\) beweisen.
Das ist jedoch sehr umständlich, weil wir hierzu viele verschiedene Einzelschritte beweisen müssen. Wenn weitere Aussagen
hinzukommen, erhöht sich der Aufwand drastisch. Ein effizienteres Vorgehen ist die Anwendung eines Ringschlusses. Hierzu zeigen wir
einfach, dass \(A1 \Rightarrow A2, A2 \Rightarrow A3 \text{ und } A3 \Rightarrow A1\) gilt. Dadurch können wir jede Aussage aus jeder
anderen folgern, indem wir einfach den Implikationspfeilen folgen. \(A2\) folgt z.B. aus \(A3\) über
\(A3 \Rightarrow A1 \Rightarrow A2\).
Das Prinzip der vollständigen Induktion ist ein sogenanntes Axiom, d.h. eine unbeweisbare Grundtatsache. Es dient dazu, eine Aussage für alle natürlichen Zahlen - also für unendlich viele Elemente - zu beweisen. Es besteht aus zwei Schritten: dem Induktionsanfang und dem Induktionsschritt. Die Idee dahinter ist mit dem Domino-Effekt vergleichbar: Im ersten Schritt - dem Induktionsanfang - zeigt man, dass die Aussage, die bewiesen werden soll, für das erste betrachtete Element gilt. Nachdem dies gezeigt wurde, wird dann im Induktionsschritt sukzessive bewiesen, dass die Aussage auch immer für ein nachfolgendes Element gelten muss, wenn sie für das vorhergehende Element gilt. Aus der Richtigkeit der Aussage für das erste Element folgt dann die Richtigkeit der Aussage für das zweite Element, aus der Richtigkeit der Aussage für das zweite Element folgt die Richtigkeit der Aussage für das dritte Element usw. Dadurch entsteht eine (unendlich lange) Kette an Beweisschritten und man beweist die Aussage indirekt für unendlich viele Elemente, ohne dabei jedes einzelne explizit zu betrachten.
Mathematisch präziser lässt sich die vollständige Induktion wie folgt beschreiben:
Sei \(m \in \mathbb{N}_0\) fest gewählt und sei \(A(n)\) eine Aussage für alle \(n \in \mathbb{N}_0\) mit \(n \geq m\). Das Prinzip der vollständigen Induktion besagt: Wenn
Der Induktionsanfang stellt dabei sicher, dass die Aussage für das allererste Element \(A(m)\) richtig ist. Im Induktionsschritt nimmt man dann jeweils an, dass die Aussage für \(A(n)\) richtig ist und folgert daraus die Richtigkeit der Aussage für \(A(n + 1)\). Aus der Richtigkeit von \(A(m)\) (die wir im Induktionsanfang bewiesen haben) können wir somit die Richtigkeit von \(A(m + 1)\) folgern. Aus der Richtigkeit von \(A(m + 1)\) können wir dann die Richtigkeit von \(A(m + 2)\) folgern usw. Diese Kette können wir beliebig fortsetzen (nämlich für alle \(n \geq m\)) und damit muss folglich gelten, dass die Aussage \(A(n)\) für alle Elemente \(n \geq m\) richtig ist.