Die initiale Phase eines Softwarelebenszyklus ist die Planung. In dieser Phase lassen sich alle Aktivitäten verorten, die vor dem Beginn der Aktivitäten der Softwareentwicklung durchgeführt werden. Initiiert wird diese Phase vom IT-Management, das in der Planungsphase aktiv mit eingebunden ist und die für die Struktur des Projektes maßgeblichen Entscheidungen trifft. Ausgehend von der Ermittlung des Bedarfs, über die Finanzplanung bis hin zur Auftragsvergabe werden die Rahmenbedingungen für alle weiteren Phasen des Projektverlaufs ermittelt und festgelegt.
Ursache für die Einführung eines Softwaresystems ist die Erkenntnis, dass ein Bedarf für ein System besteht. Die konkreten
Anlässe für den Bedarf eines neuen Softwaresystems sind sehr vielfältig und vom Einsatzgebiet der IT-Organisation
abhängig.
Typische Anlässe sind:
Ablösung bestehender Altsysteme
IT-Systeme unterliegen einem Alterungsprozess und haben daher nur eine begrenzte Laufzeit. Nach
der erstmaligen Inbetriebnahme werden Softwaresysteme in der Regel mehrfach gewartet und weiterentwickelt, um entweder Softwarefehler zu
beheben oder das System um Funktionen zu erweitern. In Abhängigkeit der Laufzeit und der Anpassungshäufigkeit werden die
Wartungsaufwände im Verhältnis zum erzielten Nutzen teurer, sodass es sinnvoller ist, ein bestehendes System durch ein Neusystem
zu ersetzen. Begleitend zum technischen Alterungsprozess ist oftmals das Know-how für die Wartung bestehender Systeme nicht
verfügbar, beispielsweise weil die eingesetzte Technologie nicht mehr vom Hersteller unterstützt wird oder die Entwickler das
Unternehmen verlassen haben.
Nachfrage der Fachabteilung
Industrielle Softwaresysteme sind insbesondere in Unternehmen der Branchen Versicherungen, Medien
und Logistik maßgeblich an wertschöpfenden Prozessen beteiligt. Unternehmen in diesen Branchen erarbeiten sich Wettbewerbsvorteile durch
den Einsatz von stark spezialisierten und eigens erstellten Softwaresystemen. Daher muss die Unternehmens-IT schnell auf neue fachliche
Anforderungen reagieren und die Fachabteilungen gezielt mit geeigneten Systemen unterstützen. Falls fachliche Anforderungen nicht
durch bestehende Systeme abgedeckt werden können, müssen neue Softwaresysteme bereitgestellt werden.
Technologische Weiterentwicklung
Die kontinuierliche technologische Weiterentwicklung ermöglicht neue Anwendungs- und
Geschäftsfelder, die durch entsprechende IT-Lösungen unterstützt werden müssen. Daher führen sich ändernde
technische Rahmenbedingungen ebenfalls zu einem Bedarf an Softwaresystemen. So wurde erst mit der Verbreitung von Webbrowsern das
großflächige Bereitstellen von Webanwendungen möglich - und damit auch das ortsunabhängige Arbeiten. Ebenso sorgt die
Verbreitung von Smartphones für einen Bedarf einer neuen Anwendungsklasse, den sogenannten Apps und damit verbunden auch den App
Stores.
Nachdem der Bedarf eines neuen Softwaresystems identifiziert worden ist, muss entschieden werden, ob bereits Softwarelösungen verfügbar sind, die den Bedarf abdecken (z. B. Content-Management-Systeme, E-Mail-Systeme, Textverarbeitung), ob es Standard-Produkte gibt, die für unternehmensspezifische Anforderungen angepasst werden können (z. B. SAP Business Suite, Oracle E-Business Suite, IBM WebSphere), oder ob eine neue Software entwickelt werden muss. Diese Entscheidung wird Make-or-Buy-Entscheidung genannt.
Je nachdem, wie relevant die geforderte Software für die geschäftlichen Aktivitäten des Unternehmens ist und wie schwerwiegend die möglichen Folgen einer Fehlentscheidung sind, werden im Rahmen einer Make-or-Buy-Entscheidung Vorstudien, Testinstallationen oder erste Anwendungsprototypen erstellt und ausprobiert.
Abhängig vom Ergebnis der Make-or-Buy-Entscheidung erfolgen konkretere Zeit- und Ressourcenplanungen. Dabei wird ein erster Projektplan bis zur Einführung festgelegt und die benötigten Ressourcen bestimmt und eingeplant.
Soll ein neues Softwaresystem erstellt oder eine Standardlösung angepasst werden, muss ein entsprechender Auftrag vergeben werden. Dabei muss entschieden werden, ob der Auftrag durch einen externen Dienstleister oder die eigene IT-Abteilung erbracht werden soll. Falls es sich um eine öffentlich-rechtliche IT-Organisation handelt, muss der Auftrag öffentlich ausgeschrieben werden.
Bei öffentlichen Ausschreibungen und der Vergabe von Entwicklungsaufträgen an externe Dienstleister müssen mit der Ermittlung der Anforderungen an das neue System typische Aktivitäten aus der Phase Erstellung bereits in der Phase Planung durchgeführt werden. Damit bei Übergabe des neuen Softwaresystems entschieden werden kann, ob der Dienstleister alle vertraglichen Pflichten erfüllt, müssen die Ergebnisse der Anforderungsermittlung bereits bei der Vertragsvergabe dokumentiert vorliegen.