Mit dem Begriff betriebliches Informationssystem bezeichnen wir im Folgenden gewerblich eingesetzte Softwaresysteme und deren Systemkontext. Mit der Einschränkung auf gewerbliche Nutzung werden die Softwaresysteme in den Vordergrund gestellt, die mittelbar oder unmittelbar zum Erreichen des Ziels einer Organisation eingesetzt werden. Dabei wird nicht nur das Softwaresystem an sich betrachtet, sondern mit seinem Systemkontext auch die Schnittstellen zu den Nutzern des Systems sowie technische Schnittstellen zu anderen Systemen.
Nahezu jede mittelgroße und große Organisation ist zur Erreichung ihres Zwecks auf den Einsatz von Informationssystemen angewiesen. Insbesondere Branchen mit vollständig digitaler Wertschöpfungskette, beispielsweise Banken, Versicherungen und Medienunternehmen, sind auf IT-Unterstützung angewiesen. Darüber hinaus ist jedes Geschäftsmodell mit dem Internet als Medium für Marketing, Vertrieb, Handel und/oder Auslieferung von Informationssystemen abhängig, genauso wie Geschäftsmodelle, die Kommunikation, Vernetzung oder Datenaustausch über Rechnersysteme beinhaltet.
In der Literatur finden sich häufig Versuche, betriebliche Informationssysteme in Kategorien oder Klassen einzuordnen. Eine anerkannte, allgemeingültige und vollständige Klassifikation von Systemen gibt es jedoch nicht. Wir favorisieren die Einteilung in vier grobe Systemklassen:
Kommunikationssysteme sind Systeme zur Unterstützung der zwischenmenschlichen Kommunikation, beispielsweise per E-Mail, Telefon, Videotelefonie, Chat oder soziale Netzwerke. Skype, Lync oder Thunderbird sind typische Beispiele für diese Art von System.
Als Querschnittssysteme werden alle Systeme bezeichnet, die keine Kommunikationssysteme sind, jedoch ebenfalls als Standardsoftware eingesetzt werden. Typische Beispiele für Querschnittssysteme sind Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Folien- und Präsentationssysteme, wie Word, Keynote, PowerPoint oder LibreOffice.
Sowohl Kommunikations- als auch Querschnittssysteme werden typischerweise nur von ihren Anbietern erstellt, gewartet und weiterentwickelt. Sie werden weltweit millionenfach eingesetzt und in der Regel nicht branchen- oder organisationsspezifisch angepasst. Diese Systeme sind Standardprodukte zu denen Lizenzen erworben werden müssen, oder als Open Source zum Herunterladen verfügbar sind. Alternativ dazu werden auch verstärkt internet-basierte Bezahl- oder Freemium-Dienste wie Office 365 oder Evernote angeboten.
Operative Systeme unterstützen gezielt Geschäftsprozesse und Aktivitäten in Organisationen. Je nach konkretem Einsatzgebiet gibt es branchenneutrale Anwendungen, etwa für Content-Management, Buchhaltung und Personalwesen, branchenspezifische Lösungen, zum Beispiel für Logistikunternehmen, Banken oder Versicherungen und es gibt individuelle Lösungen, wie beispielsweise das Bestandsführungssystem der Pfefferminzia-Versicherung. Von allen Systemklassen sind die operativen Systeme am stärksten auf die wertschöpfenden und unterstützenden Geschäftsprozesse von Organisationen hin angepasst. Enterprise Resource Planning (ERP) Systeme wie zum Beispiel von SAP hergestellt, sind ebenfalls hauptsächlich zu den operativen Systemen zu zählen.
Um Arbeitsschritte und Abläufe in Organisationen so gut wie möglich zu unterstützen, sind die operativen Systeme häufig Gegenstand von Softwareprojekten. Dabei reichen die Projekte von der organisationsspezifischen Anpassung von branchenneutralen und -spezifischen Lösungen bis zur Neuentwicklung einer vollständig eigenen Lösung.
Dispositive Systeme dienen der Unterstützung von Planungs- und Entscheidungsprozessen. Typische dispositive Systeme sind Data Warehouse und Business Intelligence Lösungen. In ihnen werden gezielt bereinigte Daten aus den operativen Systemen über Abläufe, Prozesse und Geschäftsvorfällen abgelegt. Diese Daten können bereits in den Systemen zusammengefasst und für die jeweilige Zielgruppe aufbereitet werden. Im Unterschied zu den operativen Systemen stehen nicht Geschäftsprozesse sondern Daten im Vordergrund, die bei der Abarbeitung der Geschäftsprozesse gesammelt werden. Ebenso wie für operative Systeme sind für ausgewählte Anwendungsfälle Werkzeuge und Lösungen am Markt verfügbar. Da jedoch die operativen Systeme häufig individualisiert werden, müssen dispositive Systeme ebenfalls für den gezielten Einsatz im Unternehmen im Rahmen von Softwareprojekten angepasst werden.