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Wirtschaften als Erkenntnisgegenstand der BWL

Der Mensch nimmt im wirtschaftlichen Geschehen als Wirtschaftssubjekt eine zentrale Rolle ein. Menschen arbeiten in Betrieben, gleichzeitig sind sie als Endkonsumenten Nachfrager der in den Betrieben erzeugten Leistungen. Um das menschliche Verhalten in betriebswirtschaftlichen Modellen und Theorien zu berücksichtigen, können verschiedene Menschenbilder zum Einsatz kommen.

Merke
Wirtschaften kann als planvolle Verfügung über knappe Güter zur Bedürfnisbefriedigung definiert werden. Für knappe Güter, auch als wirtschaftliche Güter bezeichnet, ist ein Preis für deren Nutzung zu zahlen. Freie Güter stehen dagegen jederzeit kostenfrei zur Verfügung.

Die Ressourcen, die Betriebe zur Erstellung ihrer Güter und Dienstleistungen benötigen, sind in der Regel knappe Güter. Es müssen Wege gefunden werden, wie eine maximale Anzahl von Wünschen/Bedürfnissen durch Einsatz dieser knappen Güter/Ressourcen befriedigt werden kann.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Orientierung an ökonomischen Prinzipien, die dazu dienen, das Verhältnis aus Produktionsergebnis (Output, Ertrag) und Produktionseinsatz (Input, Aufwand) zu optimieren.

Der Mensch als Wirtschaftssubjekt

Um das menschliche Verhalten in betriebswirtschaftlichen Modellen und Theorien zu berücksichtigen, können verschiedene Menschenbilder zum Einsatz kommen. Es handelt sich hierbei um vereinfachte bzw. modellhafte Annahmen über das menschliche Verhalten. Im Folgenden sollen mit den Modellen des Homo oeconomicus, des beschränkt-rational handelnden Menschen, des sozialen Menschen sowie des Modells des Menschen als Pool von Fähigkeiten und Fertigkeiten wesentliche Menschenbilder der Betriebswirtschaftslehre vorgestellt werden.

Das Modell des rational handelnden Menschen (Homo oeconomicus)

So besitzt beispielsweise das Modell des rational entscheidenden Menschen (Homo oeconomicus) eine lange Tradition in den Wirtschaftswissenschaften. Dieses Modell trifft die Annahme, dass der Mensch eine klare Vorstellung darüber hat, welchen Nutzen ihm der Erwerb eines bestimmten Gutes bringt. Es spielt vor allem in der Volkswirtschaft eine wichtige Rolle. Das Modell des Homo oeconomicus geht davon aus, dass der Mensch alle Informationen zur Beurteilung aller Handlungsalternativen bestitzt und seine Entscheidung zum Erwerb eines Gutes rein nach dem Rationalprinzip fällt. Es kann allerdings nicht nur auf das Kaufverhalten angewendet werden, sondern auch im Hinblick auf das Verhalten von Menschen am Arbeitsplatz. Danach könnten Menschen an ihrem Arbeitsplatz nur durch ökonomische Anreize (höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten) zur Leistung motiviert werden. Diese ökonomische Rationalität stellt jedoch ein kaum zutreffendes idealistisches Menschenbild dar und wird als wirklichkeitsfremd bezeichnet.

Das Modell des beschränkt-rational handelnden Menschen

Realistischer hingegen ist die Annahme eines beschränkt-rational handelnden Menschen. Darunter verstehen wir, dass der handelnde Mensch aufgrund eingeschränkter Informationsverarbeitungskapazitäten, Zeit und sonstigen knappen Ressourcen nicht in der Lage ist (oft auch nicht bereit), nach den optimalen, d. h., nach den besten Entscheidungsalternativen zu selektieren. Das Modell geht davon aus, dass dem Menschen zufriedenstellende Handlungsergebnisse ausreichen. Dieses beschränkt-rationale Verhalten ist dabei geprägt:

Das Modell des sozialen Menschen

Im Gegensatz zu einem Menschenbild, in dem Menschen ihre Entscheidungen aus rationalen Gründen treffen, steht die Vorstellung vom Menschen als sozialem Wesen. Mit der sogenannten Human-Relations-Bewegung erfolgte ein Paradigmenwechsel in der Managementforschung. Die Begründer dieser Bewegung waren die drei Wissenschaftler Mayo, Roethlisberger und Dickson. Auf Basis verschiedener Experimente in den 1920er- und 1930er-Jahren entstand die Theorie, dass Menschen in Unternehmen nicht als isolierte Individuen handeln und denken, sondern vielmehr in ihrem Verhalten und ihrem Leistungswillen durch die Zufriedenheit mit der gesamten Arbeitssituation beeinflusst werden und dass diese Zufriedenheit wiederum von sozialen Faktoren und Beziehungen abhängig ist. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Menschenbild des "social man".

Der Human-Relations-Ansatz untersucht also die Wirkung sozialer Phänomene wie z. B. von Gruppenidentität und Gruppennormen auf die Arbeitsleistung und -motivation eines Menschen. Die Vertreter dieses Ansatzes stellen die gezielte Förderung sozialer Beziehungen in den Vordergrund, da diese sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit und damit indirekt auf die Arbeitsleistung auswirken sollen.

Allerdings wird auch hier ein monokausaler Zusammenhang unterstellt; als Grundlage für das menschliche Handeln wird somit lediglich ein einziger Impuls angenommen. Die Erfolgsdeterminante Lohn wird durch die Erfolgsdeterminante Arbeitszufriedenheit ersetzt. Aus diesem Grund ist auch das Modell des Human-Relations-Ansatzes in seiner Aussagekraft eingeschränkt, denn es ist unwahrscheinlich, dass die Leistungsbereitschaft des Menschen lediglich von einer einzigen Bestimmungsgröße abhängt. Ein gutes Betriebsklima und soziales Verhältnis der Mitarbeiter führt noch lange nicht zwangsläufig zu einer höhren Arbeitsleistung.

Das Modell des Menschen als Potenzial von Fähigkeiten und Fertigkeiten

Dieser Anatz, der auch als Human Resource Model bezeichnet wird, stellt den einzelnen Menschen mit seinen persönlichen Potenzialen gegenüber der Gruppe wieder stärker in den Vordergrund. Der nach Selbstverwirklichung und psychologischem Wachstum strebende Mensch rückt somit in den Fokus dieses in den 1960er-Jahren entstandenen Menschenbildes (complex man), der eben nicht nur auf die Entlohnung seiner Arbeit und auf die sozialen Rahmenbedingungen reagiert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besitzen unternehmensnützliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, die es zu fördern und weiterzuentwickeln gilt. Hieraus entwickelten sich zahlreiche Motivationstheorien (z. B. die Bedürfnisstruktur/-pyramide nach Maslow, die Zweifaktorentheorie nach Herzberg oder Theorie X und Y nach McGregor). Die Identifikation mit dem Arbetsplatz und die Arbeitszufriedenheit der Belegschaft sind zentrale Positionen dieses Ansatzes.