In Bezug auf strategische Beschaffungsaufgaben werden die Rahmenbedingungen für die operative Beschaffung gestaltet. So sind Beschaffungsstrategien für einzelne Güter festzulegen wie z. B. die Auswahl der Beschaffungsmärkte oder die Anzahl der Lieferantenbeziehungen. Daneben gilt es u. a., die zeitliche Bereitstellung der Güter oder auch den Ort der Wertschöpfung zu definieren. Weiterhin gehören die Lieferantenanalyse, die Durchführung von Verhandlungen und die damit verbundene Lieferantenauswahl sowie das Lieferantenmanagement zu den strategischen Beschaffungsaufgaben. Im Folgenden wird näher auf die Strategien bei der Auswahl der Beschaffungsmärkte und hinsichtlich der Anzahl an Lieferantenbeziehungen eingegangen.
Bei der Auswahl der Beschaffungsmärkte geht es um die Festlegung des geografischen Beschaffungsraums. Materialien können regional, national oder weltweit besorgt werden. Eine regionale Beschaffungsstrategie beschreibt die gezielte Beschaffung von Materialien nur aus der näheren Umgebung; diese Strategie wird auch als Local Sourcing beschrieben. Werden die Beschaffungsmaterialien gezielt nur im Inland gekauft, wird dies als Domestic Sourcing bezeichnet. Die Strategie des Global Sourcings kennzeichnet die systematische Analyse und Nutzung des weltweiten Beschaffungsmarktes. Es geht darum, die weltweit besten Lieferanten zu identifizieren und mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Diese drei Strategien weisen jeweils Vor- und Nachteile auf. Je näher der Umkreis ist, in dem die Materialien beschafft werden können, desto persönlicher und direkter können die Kommunikationsbeziehungen mit den Lieferanten gestaltet werden. Die Transportkosten sind deutlich geringer als bei einem weltweiten Bezug von Materialien. Dafür könnten Vorteile des Global Sourcings darin liegen, dass die Materialien kostengünstiger zu beschaffen sind. Ursächlich ist oftmals ein geringerer Einkaufspreis, meist bedingt durch niedrigere Arbeitskosten und gegebenenfalls geringere Umweltschutzauflagen in den Bezugsländern. Global Sourcing ermöglicht aber auch den Zugang zu qualitativ besseren oder innovativeren Lieferanten. Demgegenüber können beim Global Sourcing die Kommunikations- und Qualitätskosten sehr hoch sein und auch mögliche Risiken sind hier beachtenswert. Sie liegen u. a. im längeren Transport (Transportrisiken), in möglichen Wechselkursschwankungen, in politischen Veränderungen sowie in schwerer einzuschätzenden kulturellen und mentalitätsbezogenen Reaktionen. Insgesamt können dadurch die Gesamtkosten im Rahmen des Global Sourcings potenziell auch höher ausfallen als bei der Wahl einer nationalen oder lokalen Beschaffungsstrategie.
Insgesamt ist aber festzustellen, dass Unternehmen zunehmend Global Sourcing betreiben, um ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten.
Hinsichtlich der Lieferantenanzahl für jeden zu beschaffenden Bedarf gilt es, die richtige Strategie zu wählen und die Vor- bzw. Nachteile ins Kalkül zu ziehen. Die Materialien und Güter können von einem, zwei oder vielen Lieferanten bezogen werden.
Die Strategie der Wahl nur eines Lieferanten wird Single Sourcing genannt. Diese Strategie wird dann gewählt, wenn eine langfristige und intensive Zusammenarbeit beim Bezug komplexerer Teile (Notwendigkeit speziellen Know-hows, spezieller Werkzeuge etc.) erfolgen soll, die mit mehreren Lieferanten aufwandsmäßig nicht möglich ist. Auf der einen Seite können die Kompetenzen des Unternehmens und des Lieferanten optimal genutzt werden, wenn der Lieferant bereits in den Entwicklungsprozess der herzustellenden Produkte miteinbezogen wird. Dadurch könnte auch die Qualität der Produkte steigen. Teilweise führt diese intensive Zusammenarbeit zu Preisvorteilen, da alles von einem Lieferanten bezogen wird.
Auf der anderen Seite entsteht aber durch die Zusammenarbeit mit nur einem Lieferanten auch eine direkte Abhängigkeit. Sollte der Lieferant Produktionsstörungen haben oder bestreikt werden, hat dies direkte Auswirkungen auf das einkaufende Unternehmen. Es kann dann nicht mehr sichergestellt werden, dass das richtige Material in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt und in der benötigten Qualität am richtigen Ort zur Verfügung steht. Diese Abhängigkeit kann sich auch darin äußern, dass der Lieferant in Nachverhandlungen Forderungen zum Nachteil des einkaufenden Unternehmens durchsetzen kann.
Um die Abhängigkeit und das Risiko eines eigenen Produktionsstopps, der durch den einzigen Lieferanten ausgelöst wird, zu vermeiden, bietet sich das Multiple Sourcing an. Hier werden mehrere Lieferanten gewählt. Wenn auf mehrere Lieferanten zurückgegriffen werden kann, stehen diese in unmittelbarem Wettbewerb zueinander, und das einkaufende Unternehmen kann einerseits jeweils den preisgünstigsten Lieferanten wählen und so einen Kostenvorteil erzielen. Zeit- und kostenintensiv, also nachteilig, kann dabei das Handling mehrerer Lieferanten sein. Damit die Materialien von unterschiedlichen Lieferanten auch von gleicher Qualität sind, müssen mit den Zulieferern umfassende Absprachen getroffen werden. Andererseits steigen durch das Betreuen mehrerer Zulieferer auch die Verwaltungskosten. Aus diesem Grund wird diese Strategie hauptsächlich bei einfacheren, standardisierten Bauteilen eingesetzt.
Eine dritte Möglichkeit liegt darin, zwei Zulieferer zu wählen. Dies wäre eine Dual-Sourcing-Strategie. Hier wird die Gesamtbeschaffungsmenge auf zwei Zulieferer aufgeteilt, um somit Vorteile des Single Sourcings und Multiple Sourcings verbinden zu können. Apple erwägt beispielsweise diese Strategie für das OLED-Display des iPhones, um die eigene Abhängigkeit vom bisherigen Lieferanten zu reduzieren.