Bevor das Unternehmen starten kann, muss sich ein Unternehmensgründer über den Standort und die Rechtsform Gedanken machen. Während bei einer freien Standortwahl der Unternehmenssitz an dem Ort gewählt werden kann, an dem sich der Gründer die größte Gewinnerzielung verspricht, ist die Rechtsformwahl komplexer. Denn eine optimale Rechtsform gibt es nicht; jede Form hat Vor- und Nachteile. Für die Entscheidung, in welcher Rechtsform ein Unternehmen geführt werden soll, sind u. a. rechtliche, steuerliche, finanzielle und persönliche Aspekte zu berücksichtigen.
Standortentscheidungen können sich mit Wachstums- und Strukturveränderungszielen wandeln. Unternehmen können im Verlauf in unterschiedlichen Rechtsformen neu gegründet werden oder sich mit Kooperationspartnern zusammenschließen.
Die Standortwahl ist bei der Unternehmensgründung eine Entscheidung, die in der Regel langfristig ist. Doch nicht nur zum Zeitpunkt der Gründung ist die Standortwahl ein Thema, sondern auch beim Unternehmenswachstum, bei Strukturveränderungen und auch in der weiteren Unternehmensentwicklung, z. B. bei Standortstilllegungen.
Standortentscheidungen sind Entscheidungen über die Anzahl und die geografische Lage der Orte, an denen die Leistungen eines Unternehmens erstellt und/oder die Abwicklung des Absatzes der Leistungen erfolgt.
Das Ziel der Standortwahl soll sein, dass hierdurch die Verfolgung des übergeordneten Unternehmensziels in Form eines langfristigen größtmöglichen Nettogewinns nach Abzug der Steuern unterstützt wird. Dies ist dort zu erreichen, wo die Differenz zwischen standortbedingten Erträgen und Aufwendungen maximal ist.
In vielen Fällen sind Unternehmen in ihrer Standortwahl frei. Einschränkungen ergeben sich dann, wenn die Tätigkeit eines Unternehmens an bestimmte natürliche Ressourcen gebunden sind. So kann der Abbau von Bodenschätzen (Braunkohle, Steinkohle, Salze, Erdöl etc.) nur dort erfolgen, wo auch entsprechende Vorkommen bestehen, die einen wirtschaftlichen Abbau möglich machen. Daher besitzen große Stromkonzerne in Deutschland, die aktive Kraftwerke mit Braunkohle oder Steinkohle unterhalten, ein oder mehrere lokale und/oder nationale Standorte zur Ressourcenförderung.
Bei freier Standortwahl kann ein Unternehmen einen oder mehrere Standorte lokal, national oder international wählen. Die Wahl des
Standortes ist dann von entscheidungsrelevanten Standorteigenschaften (Standortfaktoren) abhängig.

In der Abbildung sind mögliche unternehmens-, produktions- und absatzbezogene Standortfaktoren angegeben, die für die Wahl eines Standortes eine Rolle spielen können. Vor einer konkreten Standortentscheidungen sind die jeweils relevanten Standortfaktoren zu identifizieren.
Steht eine Standortentscheidung an, kann ein potenzieller Standort einerseits danach beurteilt werden, ob die geforderten Mindestanforderungen und Unternehmensziele bezüglich der relevant erachteten Standortfaktoren erfüllt sind, andererseits danach, ob der Standort hinsichtlich der einzelnen Standortfaktoren als positiv, neutral oder negativ einzustufen ist. Da bei der Standortwahl in der Regel mehrere Standortfaktoren eine Rolle spielen, ergibt sich ein multidimensionales Entscheidungsproblem. Dieses lässt sich nur lösen, wenn die Einzelurteile für jeden potenziellen Standort hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Standorteigenschaften zu einem Gesamturteil zusammengeführt werden.
Die Standortwahl kann mithilfe der Nutzwertanalyse vorgenommen werden. Dabei wird für jede Handlungsalternative (hier: Standortalternative) ein Nutzwert bestimmt, welcher sich additiv aus mehreren Teilnutzwerten für Zielkriterien (hier: Standortfaktoren) zusammensetzt. Die Zielkriterien werden dabei nach ihrer subjektiv eingeschätzten Bedeutung gewichtet. Es können mehrere Hierarchiestufen von Zielkriterien gebildet werden.
Zunächst müssen die Zielkriterien und ihre Gewichtung festgelegt werden. Soll ein Zielkriterium in Unterkriterien aufgeteilt
werden, sind diese ebenfalls festzulegen und untereinander zu gewichten (\(g_j\)). Die Summe der Gewichte sollte dabei auf jeder Ebene 1
betragen. Für jede Handlungsalternative erfolgt dann eine Bewertung für jedes Zielkriterium bzw. Unterkriterium (\(e_{ij}\)),
d. h., inwieweit das Zielkriterium, z. B. auf einer Skala von 1 bis 10, erfüllt wird. Auf Basis der Bewertung und der festgelegten
Gewichtungen können dann Teilnutzwerte (\(e_{ij} \cdot g_j\)) und schließlich durch Addition aller Teilnutzwerte der Nutzwert der
Alternative (\(N_i = \sum{e_{ij} \cdot g_j}\)) berechnet werden. Die ermittelten Nutzwerte dienen dann absteigend zur Reihenfolgebildung
und damit als Entscheidungsgrundlage. Die Standortalternative mit dem höchsten Nutzwert wäre auszuwählen.

Beispielhafte Ermittlung von Nutzwerten verschiedener Standortalternativen:
Es seinen S1, ..., S4 potenzielle Standorte.
A, ..., E seien als entscheidungsrelevant erachtete Standortfaktoren:
| Nutzenmatrix zur beispielhaften Standortbestimmung | ||||||
|---|---|---|---|---|---|---|
| Si | A ga = 0,25 |
B gb = 0,3 |
C gc = 0,2 |
D gd = 0,15 |
E ge = 0,1 |
\(N_i = \sum{e_{ij} \cdot g_j}\) |
| S1 | 7 | 3 | 5 | 2 | 1 | 4,05 |
| S2 | 5 | 8 | 3 | 1 | 9 | 5,30 |
| S3 | 10 | 10 | 2 | 4 | 6 | 7,10 |
| S4 | 5 | 4 | 4 | 7 | 5 | 4,80 |
Die Gewichtungsfaktoren und jeweiligen Bewertungen der Handlungsalternativen sind in dieser Tabelle bereits angegeben. Da die Bewertungen von 1 (= sehr schlecht) bis 10 (= sehr gut) vergeben wurden, ist die Alternative mit dem höchsten Nutzwert die beste Alternative. Dies ist der Standort S3 mit einem Nutzwert von 7,1.
Größere Unternehmen besitzen meist nicht nur einen Standort. Internationale oder multinationale Unternehmen unterhalten mehrere Standorte sowohl im In- als auch Ausland.
Hinsichtlich der Standorte von Entwicklungsabteilungen und Produktion stehen international tätige Unternehmen beispielsweise vor der Wahl, beides an einem globalen Standort oder nur die Entwicklung an einem globalen Standort und die Produktion an lokalen Standorten anzusiedeln. Wählt ein Unternehmen nur einen gemeinsamen Standort, sowohl für die globale Entwicklung als auch für die Produktion, dann hätte dies einerseits Vorteile wie u. a. eine direkte und schnellere Umsetzung neuerer Entwicklungen, eine Know-how-Bündelung und bessere Kommunikation beider Bereiche. Nachteilig wäre andererseits aber zu sehen, dass bei einem gemeinsamen globalen Standort die Vorteile lokaler Produktionsstandorte nicht realisiert werden können, z. B. geringere Transportkosten, höhere Kundennähe, niedrigere Lohnstrukturen, besserer Zugang zu Rohstoffen etc.
Standortentscheidungen verändern sich mit Wachstums-, Schrumpfungs- und Strukturveränderungszielen von Unternehmen. Ein Strukturveränderungsziel kann sich beispielsweise durch das Fortschreiten der Digitalisierung und den damit verbundenen Möglichkeiten ergeben, dadurch kann eventuell die Arbeitskostenreduktion weniger entscheidend für die Standortwahl sein.
Beispiel
Die Produktion von Turnschuhen, insbesondere deren Sohlen, hat sich in den letzten Jahren verändert. So ist es der Adidas Group
gemeinsam mit mehreren Partnern gelungen, die Entwicklung von Sportschuhen mithilfe von 3-D-Druckern zu revolutionieren. Unter dem Slogan
Adidas Futurecraft 4D begann Adidas im Dezember 2017 mit dem Vertrieb von 5.000 Paar Schuhen. Bereits zum Superbowl im Februar 2018
erschien die zweite Kreation aus der Speedfactory, der Fußballschuh AM4MN (adidas made for Minnesota). Die Produktion in der Speedfactory
war mit einer Standortverlagerung verbunden, indem Adidas zum Teil wieder in Deutschland produzierte. Am ersten Standort der Speedfactory
in Ansbach (Deutschland) führte dies auch zu neuen Arbeitsplätzen. Die Produktion in der Speedfactory wurde dann allerdings Ende
2019 zugunsten eines Einsatzes der dort entwickelten neuen Produktionstechnologien und -prozesse bei Adidas-Zulieferbetrieben in Asien
wieder eingestellt.