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Produktion

Die Produktion ist der Kernbereich der Leistungserstellung und beschreibt die Erzeugung von Gütern und Leistungen. Hierbei werden Produktionsfaktoren benötigt, die direkt oder indirekt an der Produktion beteiligt sind.

Zentrale Bedeutung für die betriebliche Leistungserstellung und letztlich auch für die Wettbewerbsposition eines Unternehmens hat die Planung der herzustellenden Produkte nach Art und Menge (Produktionsprogramm) und des eigenen Anteils an der Wertschöpfung (Fertigungstiefe).

Für die Produktion können verschiedene Prozesstypen und Produktionsverfahren unterschieden werden. Da Kunden vielfach individuelle Produkte wünschen, stellt sich hierbei die Frage, wie die Kundenwünsche in den Produktionsprozess integriert werden können.

Grundlagen der Produktionswirtschaft

Die Produktion ist der Kernbereich der Leistungserstellung und beschreibt die Erzeugung von Gütern und Leistungen.
Abbildung: Produktion - Teil 2 des betrieblichen Kernprozesses

Der produktivitätsorientierte Ansatz von Erich Gutenberg

Gutenberg stellt in seinem Ansatz die Produktivitätsbeziehung zwischen Faktoreinsatz und Faktorertrag in den Mittelpunkt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom produktivitätsorientierten oder auch faktoranalytischen Ansatz. Gutenberg bezeichnet dabei die Arbeitsleistung des Menschen und die technischen Einrichtungen als Produktionsfaktoren und setzt diese ins Verhältnis zu der Produktmenge, d. h. dem Ertrag im physisch-mengenmäßigen Sinn. Auf diese Weise erhält man eine Beziehung zwischen Faktoreinsatz und Faktorertrag, die sogenannte Produktivitätsbeziehung.

Gutenberg revolutionierte die Betriebswirtschaftslehre, indem er die mikroökonomischen Modelle der Produktions-, Kosten- und Preistheorie so modifizierte, dass sie den Produktions- und Konsumbedingungen gerecht wurden. Ein Kritikpunkt am Ansatz Gutenbergs lautet, dass sich dieser nur auf die Produktions-, Finanz- und Absatzwirtschaft bezieht und nicht monetäre Aspekte aus den Bereichen Marketing, Organisation, Führung und Personalwesen unberücksichtigt lässt. Die Schwäche dieses Ansatzes liegt in der praxisfremden Annahme, dass Menschen ihre Entscheidungen immer nur aus rationalen Gründen treffen, was von der Verhaltenswissenschaft widerlegt wird. Zudem wird kritisiert, dass sich Gutenbergs faktoranalytischer Ansatz einseitig an der Interessenlage der Unternehmen (partikularer Ansatz) orientiert. Gutenbergs Ansatz wird der erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung der Betriebswirtschaftslehre zugeordnet.

Produktionsfaktoren

Die Herstellung betrieblicher Güter und Leistungen benötigt Produktionsfaktoren. Zu den Produktionsfaktoren gehören entsprechend Gutenberg menschliche Arbeit, Betriebsmittel und Werkstoffe, die zur betrieblichen Leistungserstellung eingesetzt werden. Die menschliche Arbeit wird dann weiter unterteilt in die Bereiche Unternehmensführung, Planung, Organisation, Kontrolle und objektbezogene Arbeit. Zu den Betriebsmittel zählen einerseits Maschinen, Werkzeuge, Grundstücke und Gebäude, andererseits die Betriebsstoffe (Energie, Schmierstoffe, Kühl- und Reinigungsmittel). Die Werkstoffe werden aus Halbfabrikaten, Bauteilen, Roh- und Hilfsstoffen gebildet.

Ausgehend von dieser Unterteilung kann dann zwischen Elementarfaktoren und dispositiven Faktoren unterschieden werden. Die Elementarfaktoren haben eine unmittelbare Beziehung zum Produktionsobjekt. Zu den Elementarfaktoren zählen die Betriebsmittel, die Werkstoffe sowie die objektbezogene menschliche Arbeit. Die dispositiven Faktoren dienen dazu, die Elementarfaktoren geeignet zu kombinieren, damit die Ziele des Unternehmens erreicht werden können (vergleichbar dem Management). Zu den dispositiven Faktoren zählen daher die Unternehmensführung, die Planung, Organisation und Kontrolle.

Weiterhin können Potenzial- und Verbrauchsfaktoren unterschieden werden. Verbrauchsfaktoren sind dadurch gekennzeicnet, dass sie direkt als Werkstoffe in das Produkt eingehen oder als Betriebsstoffe beim erstmaligen Einsatz im Produktionsprozess untergehen. Die Potenzialfaktoren stellen Nutzungspotenziale dar, die wiederholt als Leistungen in den Produktionsprozess abgegeben werden können. Sie werden aus der menschlichen Arbeit und Maschinen, Werkzeugen, Gebäuden und Grundstücken gebildet.

Produktionsfaktorensystem nach Gutenberg:
Abbildung: Produktionsfaktorensystem

Produktionsprogrammplanung

Zentrale Bedeutung für die betriebliche Leistungserstellung hat die Planung des Produktionsprogramms, bei der festgelegt wird, welche Produkte in welchen Mengen im Planungszeitraum hergestellt werden. Da es nur sinnvoll ist, Produkte herzustellen, die auch abgesetzt werden können, besteht hier eine wichtige Schnittstelle zum Absatzbereich. Teil der Produktionsprogrammplanung sind neben Entscheidungen über die Breite und Tiefe des Produktionsprogramms auch Entscheidungen über die Fertigungstiefe.

Die Programmbreite gibt Auskunft über die Anzahl der verschiedenen herzustellenden Produktarten (Basisprodukte). So stellt Samsung beispielsweise diverse Produkte in den Bereichen Mobil, TV, Haushalt und IT und Speichermedien her.

Ein breites Produktionsprogramm bietet einerseits den Vorteil, dass das Absatzrisiko reduziert wird, da mehrere, sich voneinander unterscheidende Produkte bessere Absatzchancen versprechen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, für verschiedene Produktarten die Einnahmen mit unterschiedlichen Preiszuschlägen zu kalkulieren.

Andererseits ergeben sich bei der Wahl eines breiten Produktionsprogramms auch höhere Kosten in Bezug auf unterschiedliche Werbung, da verschiedene Produkte oftmals unterschiedliche potenzielle Käufer ansprechen. Zudem bedingt es höhere Investitionskosten, weil mehrere oder variable Produktionsanlagen benötigt werden.

Demgegenüber bezieht sich die Programmtiefe auf die Variantenanzahl eines Produktes. Beispielsweise ist der VW Golf ein Modell, das es neben einem e-Golf und Golf TGI Erdgas in sechs weiteren Varianten gibt.

Bei der Entscheidung über die Fertigungstiefe geht es um die Frage, welchen Anteil an der Wertschöpfung eines Produkts bzw. einer Produktvariante das Unternehmen übernehmen möchte. Eine hohe Fertigungstiefe bedeutet daher, dass ein Unternehmen mehrere aufeinanderfolgende Produktionsstufen zur Erstellung eines Produktes abdeckt. Ziel einer hohen Fertigungstiefe ist es, von Zulieferern unabhängig zu werden, während bei einer niedrigen Fertigungstiefe auf das Ausnutzen von Spezialisierungs- und Kostenvorteilen der Zulieferer abgezielt wird. Durch die Übernahme eines Zulieferers können beide Zielsetzungen verknüpft werden.

Der südkoreanische Elektronikhersteller LG übernahm am 25.04.2018 für mehr als 1,1 Mrd. Euro seinen Zulieferer, den österreichischen Beleuchtungsspezialisten ZKW. Damit wollte sich das Unternehmen eine Spitzenposition unter den Automobilzulieferern sichern.

Weitere mögliche Vorteile einer hohen Fertigungstiefe liegen u. a. in dem im Vergleich zum Fremdbezug geringeren Risiko von Know-how-Verlusten, höherer Flexibilität sowie der besseren Planungsmöglichkeit des gesamten Herstellungsprozesses.

Nachteilig ist allerdings, dass eine hohe Fertigungstiefe einen hohen Investitionsbedarf zur Folge hat. Unternehmensaufkäufe oder die Errichtung weiterer Produktionsanlagen müssen finanziert werden. Mit einer höheren Fertigungstiefe steigt auch das Absatzrisiko, da durch den größeren Eigenproduktionsanteil höhere Fixkosten und Produktionskapazitäten bestehen, die bei einem Nachfragerückgang das Unternehmen stärker belasten.

Aus diesem Grund und auch aus den Spezialisierungs- und Kostenvorteilen der Lieferanten haben Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten oftmals eine Reduktion der Fertigungstiefe angestrebt.